Ich bin Hauptbahnhof
Hallo, liebe Blog-Gemeinde. In der letzten Woche bin ich mit meiner Großen Bahn gefahren. Leider hatte ich keinen eigenen Sitzplatz sondern musste in einer Tasche reisen. Das ist übrigens immer so, wenn ich mit meinen Großen unterwegs bin. Vermutlich, weil ich als Taschen-Reisender kein eigenes Ticket brauche.
Jedenfalls fuhren wir gemütlich mit der Bahn und dann passierte es: Bei einer Melanie, fünf Reihen vor uns sitzend, klingelte ein Telefon. Als Klingelton war Boyfriend von Justin Bieber eingestellt. "Hier Melanie! JAAAH?" lautete die erste allumfassende Begrüßung. Danach kam dann "Hallo Schatzi", worauf Schatzi wohl irgendetwas sagte, weil Melanie kurz schwieg. Nach diesem Begrüßungsritual erfolgte dann die für Mobiltelefone unumgängliche Ortsangabe: "Du, Schatzi, ich bin gleich Hauptbahnhof".
Ausgesprochen hörte sich dann ungefähr so an, wobei die Großbuchstaben für Betonung und Lautstärke stehen: "DU, SchATZii, ISCH bINN gleisch HAuptbahnhof!" und weil die Verbindung scheinbar etwas schlecht war, folgte noch einmal "ISCH BINN GLEISCH HAUPTBAHNHOF!!!", so dass die freundliche Zugbegleitung den nächsten Halt nicht ansagen musste, weil jeder in dem Großraumabteil bestens informiert war.
Ich möchte Euch an dieser Stelle nicht über den weiteren Gesprächsverlauf informieren sondern nur auf einige Highlights eingehen. Diese Melanie hatte jedenfalls vor, sich am Abend noch mit "Die Aische" und "Die Chan" zu treffen. Der ganze Satz lautete: "DU SchAtzIII, DU weißt doch, dass ISCH Misch mit DIE AIsche und DIE Chan TreFF." Schatzi wußte das wohl nicht mehr, weil er kurzerhand sein Abendprogramm umändern musste: "DU KANNst NICHT FussBALL! MAmA kann SISCH NISCHT um JUstin kÜMMern!" Widerspruch wurde wurde nicht geduldet und Schatzi hat wohl eingesehen, dass eine Kinderbetreuung relativ sinnvoll ist.
Jedenfalls dauerte das Gespräch noch gute 20 Kilometer lang. Die Mitreisenden erfuhren noch einige Details von "DIE Aische" und wissen jetzt ganz genau, dass "DIE Chan" eine Kurzform von Chantalle ist. Meine Aufmerksamkeit wurde etwas abgelenkt, als weitere Mitfahrer zustiegen, darunter auch eine Eltern mit ihrem Sohn. Der Sohn, so etwa zehn Jahre, bekam den Auftrag "Guck mal Vierer!". Mir war nicht ganz klar, was das bedeutete. Er schien aber zu verstehen und ging auf die Suche. Vom anderen Ende des Abteils brüllte er dann "HIER!" und alle machten sich dann auf den Weg zu einem 4er-Sitzplatz. Ah! Sofort setzte dort eine Unterhaltung ein, die der von Melanie in nichts nachstand - weder inhaltlich, noch von der Lautstärke.
Irgendwie hatte ich den Eindruck, die Bahn habe Comedians engagiert, um die Reisenden zu unterhalten. Leider konnte ich den Schlußapplaus nicht abwarten, da meine Große und ich am Ziel angekommen waren und die Vorstellung verlassen mussten.
Euer Paul,ISCH hÖR dann MAL auf!